Seit ein paar Jahren sind die Ausbildungszahlen im Ausbildungsgang "Mikrotechnologe" in Dortmund stark rückläufig. Für das Jahr 2022 gibt es innerhalb Dortmunds nur vier Ausbildungsstellen, in ganz Nordrhein-Westfalen insgesamt fünf.
Über die aktuelle Ausbildungssituation in NRW und notwendige Schritte, um die Auszubildendenzahlen wieder zu stabilisieren habe ich mit dem Bereichsleiter der Mikrotechnologie des Robert-Bosch-Berufskollegs (RBBK), Daniel Frickemeier, sowie Auszubildenden im dritten Lehrjahr gesprochen.
Den Beruf des Mikrotechnologen und die dazugehörige Ausbildung wurde 1998 als anerkannter Ausbildungsberuf in Deutschland etabliert. Die Ausbildung zum Mikrotechnologen dauert in der Regel drei Jahre, kann aber auch auf 2.5 Jahre verkürzt werden. In Nordrhein-Westfalen findet die schulische Ausbildung am Robert-Bosch-Berufskolleg (RBBK) in Dortmund statt, der praktische Teil in Mikrotechnologie-Unternehmen.
Die stark rückläufigen Auszubildendenzahlen geben Daniel Frickemeier zu denken: Jetzt sei Zeit zu handeln und dem Abwärtstrend entgegen zu wirken.
"Die Ausbildungssituation in Dortmund und damit auch in ganz NRW ist dramatisch. Meiner Meinung reichen die aktuellen Ausbildungszahlen im Bereich der Mikrotechnologie bei weitem nicht aus, um den Fachkräftebedarf in den Firmen zu decken. Und wenn die Zahlen nicht signifikant steigen, dann besteht die akute Gefahr, dass die schulische Ausbildung und damit ein Teil der dualen Ausbildung in NRW eingestellt wird."
"Das hat vor allem zwei Gründe. Der erste Grund liegt darin, dass sich Universitäten und auch einige Firmen aus der Ausbildung zurückgezogen haben. Bei den Universitäten ist die Ausbildung immer stark mit der Leitung des Lehrstuhls verbunden. Gibt es dort einen Wechsel, wird die Ausbildung oft nicht fortgeführt. Bei den Firmen hat es in der Regel betriebswirtschaftliche Gründe. Das kann eine Übernahme und damit ein Strategiewechsel oder auch eine Standortverlegung sein. Ist die Ausbildung erst einmal eingestellt, wird selten wieder mit der Ausbildung begonnen.
Der zweite Grund liegt meiner Meinung nach in dem Respekt grade kleinerer Firmen eine Ausbildung neu anzubieten. Oft glauben die Firmen, die Inhalte der Ausbildung nicht adäquat vermitteln zu können. Außerdem sind die Firmen oft hochspezialisiert und arbeiten in kleine Teams. In einem solchen Umfeld Mitarbeiter für eine Ausbildung abstellen zu müssen, schreckt wohl grade kleine Betriebe ab."
"Wir können die Firmen dabei stark unterstützen, die Schülerinnen und Schüler auf ein erfolgreiches Bestehen der Abschlussprüfung hin vorzubereiten. Wir haben unseren Unterricht seit Jahren darauf ausgerichtet, die Inhalte zu behandeln, die Teil der Abschlussprüfung sind. Diese können in vielen Fällen von den hochspezialisierten Firmen der Mikrosystemtechnik nicht vermittelt werden. Damit nehmen wir einen wichtigen Part in der theoretischen Ausbildung wahr. Dies ist eben eine Stärke des dualen Systems. Die Firmen können sich dadurch im Betrieb auf die Ausbildung der zukünftigen Mitarbeiter in den firmenspezifischen Arbeitsabläufen konzentrieren. Des Weiteren können wir helfen eine Verbundausbildung zu organisieren, in der Auszubildende verschiedene Firmen besuchen, um so breiter ausgebildet zu werden.
Die Firmen müssten in erster Linie den Schritt wagen, Auszubildende einzustellen. Auch wäre die Bereitschaft wünschenswert, an einer Verbundausbildung teilzunehmen, also zeitweise die eigenen Auszubildenden auch in andere Betriebe zu entsenden oder Auszubildende anderer Betriebe zeitweise im eigenen Betrieb auszubilden."
"Ich sehe für die Firmen einen erheblichen Mangel an Fachkräften zukommen, der nur teilweise durch angelerntes oder fachfremdes Personal aufgefangen werden kann. Auch müssen dann in manchen Firmen Abläufe von höher qualifizierten Mitarbeitenden übernommen werden. Das kann sich als Kostenfaktor und auch als Wachstumshemmnis erweisen."
"Der Ausbildungsberuf der Mikrotechnologin/des Mikrotechnologen ist sehr wenig bekannt. Daher wäre es wichtig, diesen über Öffentlichkeitsarbeit bekannter zu machen. Und natürlich müssen für interessierte Bewerber und Bewerberinnen auch Ausbildungsstellen zu Verfügung stehen."
Michelle, 20 aus Dortmund:
"Ich war auf einer Messe an der TU Dortmund und da habe ich meine jetzige Ausbilderin kennengelernt. Wir haben ursprünglich zwar über die Physik-Laboranten Ausbildung gesprochen, aber dann haben sie mir die Mikrotechnologen-Ausbildung vorgestellt und so mein Interesse geweckt."
Olga, 38 aus Paderborn:
"Ich bin über das familiäre Umfeld auf die Ausbildung aufmerksam geworden. Die Ausbildung bzw. die Ausbildungsstellen an sich waren über das Internet nicht einfach zu finden. Ich habe sie nur gefunden, weil ich wusste, dass die Gruppe im Bereich Mikrotechnologen ausbildet."
Alex, 23 aus Dortmund:
"Ich wusste nach dem Abitur, dass es eine Ausbildung zum Mikrotechnologen gibt, da ich mich bereits mit 13 Jahren für Technik und Computer interessiert habe. Allerdings hatte ich Probleme den Ausbildungsgang des Mikrotechnologen hier in Dortmund zu finden. Deshalb stand ich auch kurz davor nach Dresden zu ziehen, und so bin ich jetzt nur 70 km von zu Hause weggezogen, was nicht so weit ist. Es hat eine Informationsseite gefehlt, auf der ich nachschauen konnte, welche Unternehmen diese Ausbildung in welcher Region anbieten. Man könnte definitiv noch was machen, um den Ausbildungsberuf sichtbarer zu machen."
Pia, 23 aus Geseke:
"Für mich bleibt es nicht bei der Mikrotechnologie, aber ich bleibe auf jeden Fall weiter bei den Naturwissenschaften. Ich will nur mehr in Richtung Medizintechnik gehen. Also ein bisschen weiter weg von der Industrie."
Kimberley, 22 aus Holzwickede:
"Bei uns im Betrieb werden die ausgebildeten Mikrotechnologen als Operator im Laborbetrieb eingesetzt. Ich habe allerdings meinen Ausbildungsrahmenplan geändert und in den Bereich der Ingenieure reingeschnuppert. Das hat so gut funktioniert, dass ich eine Stelle als Mikrotechnologin im Bereich der Projektleitung bekommen habe. Ich denke das wäre auch für andere Auszubildende interessant, wenn im Ausbildungsrahmenplan noch Alternativen angeboten werden würden, wie z.B. bei mir. Nach Ausbildungsrahmenplan ist es nur vorgesehen als ausgebildete Mikrotechnologin operativ zu handeln. Meiner Meinung nach haben aber auch Mikrotechnologen das Potential Pläne zu machen und Arbeiten zu übernehmen, die bei uns in der Firma eigentlich nur Ingenieure machen. Viele meiner Mitschüler und Kollegen sind Studienabgänger, denen durchaus auch mehr zugetraut werden kann."
Pia, 23 aus Geseke:
"Ich denke, dass die Karrierechancen in der Mikrotechnik weiterhin steigen werden, da Technik aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist und es Technik auch für Innovationen braucht. Das Problem ist nur, dass es hauptsächlich in Ballungszentren vertreten ist. In Dortmund findet man auf jeden Fall viele Positionen, wo man sich drauf bewerben könnte, aber in Paderborn z.B. kenne ich nur ein großes Unternehmen, welches Mikrotechnologen einstellt."
Kimberley, 22 aus Holzwickede:
"Ich habe mich tatsächlich bereits informiert, welche Weiterbildungsmöglichkeiten ich habe. Ich könnte ein Studium anfangen und meinen Bachelor oder Master machen, oder aber auch eine Fortbildung zum Techniker bei der IHK wäre möglich. In meinem Betrieb haben sie mir aber dazu geraten, wenn, ein Studium anzuschließen anstatt der Technikfortbildung. Ich würde mir wünschen, dass die Ausbildung einen größeren Stellenwert bekommt und dass diese und unser Können auch anerkannt werden. Den Bachelor- und Masterstudenten fehlt z.B. das praktische Wissen, was wir durch die Ausbildung natürlich mitbringen. Deswegen verstehe ich auch nicht, dass wir so schwierige Jobchancen haben. Da ich im dritten Ausbildungsjahr bin, habe ich natürlich auch nach anderen Stellen geschaut und ich hätte nach Dresden oder Berlin gemusst, wenn ich eine Stelle in der Mikrotechnologie hätte haben wollen. In Dortmund und Umgebung gibt es gerade einmal 4-5 Unternehmen, die Mikrotechnologen einstellen, wenn man da dann nicht reinpasst, hat man eigentlich auch schon verloren. Mir fehlen in der Hinsicht auch fachspezifische Weiterbildungen, speziell für ausgebildete Mikrotechnologen."
Nur mit einem guten Aus- und Weiterbildungsmanagement könnt Ihr dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenwirken und so die Abwanderung auf den asiatischen Markt entgegenwirken.
Während der Corona-Pandemie wurde deutlich, dass es sich rächen kann, Produktionsstandorte in den asiatischen Raum zu verlagern, während vor Ort oder mindestens im europäischen Umfeld Produktionsstätten fehlen.
Wirken Sie diesem Trend entgegen, indem Sie mithelfen die Aus- und Weiterbildung in Deutschland zu fördern. Denn Innovationen brauchen technisches Know-How und stabile, wettbewerbsfähige Unternehmen mit gut ausgebildeten Fachkräften! Melden Sie sich bei uns, wenn Sie Anmerkungen oder Ideen haben, wie der Ausbildungsgang "wiederbelebt" werden kann.