Solarzellen noch besser machen, damit sie einen entscheidenden Beitrag im Rahmen der Energiewende leisten – dieses Ziel verfolgen Forscher der Bergischen Universität Wuppertal. Nun gelang ihnen ein Durchbruch mit Weltrekord. Ihre Arbeiten dazu wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Herkömmliche Solarzellentechnologien basieren überwiegend auf dem Halbleiter Silizium und gelten inzwischen als so gut wie „ausoptimiert“: Signifikante Verbesserungen ihres Wirkungsgrades – das heißt mehr Watt elektrischer Leistung pro Watt eingesammelter Sonnenleistung – sind kaum noch zu erwarten. Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung neuer Solartechnologien mit höherem Leistungspotenzial dringend erforderlich, um somit auch im Kontext der Energiewende einen entscheidenden Beitrag zu leisten.
„Anstelle von Silizium nutzen wir sowohl organische Materialien als auch neuartige Perowskit-Halbleiter. Beide Technologien haben in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung erfahren und ihre Wirkungsgrade können inzwischen schon mit Silizium mithalten. Der gleichzeitig bedeutend geringere Material- und Energiebedarf bei der Herstellung lässt diese Technologien auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sehr vielversprechend erscheinen“, erklärt Prof. Thomas Riedl, Leiter des Lehrstuhls für Elektronische Bauelemente an der Bergischen Universität und Direktor des dortigen Wuppertal Center for Smart Materials & Systems. Doktorand Kai Brinkmann ergänzt: „Richtig spannend wird es, wenn organische und Perowskit-Solarzellen sozusagen im Tandem antreten.“
Zu Projektbeginn hatten die besten Perowskit/Organik-Tandemzellen weltweit einen Wirkungsgrad von 20 Prozent. Gemeinsam mit ihren Partnern von den Universitäten Köln, Potsdam und Tübingen sowie des Helmholtz-Zentrums Berlin und des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung in Düsseldorf schafften es die Wuppertaler Wissenschaftler nun auf einen Wirkungsgrad von 24 Prozent – Weltrekord! „Unsere Partner haben mit ihrer vielfältigen Expertise zahlreiche Steine aus dem Weg geräumt, sodass wir dieses Ergebnis erzielen konnten“, so Riedl. Besonders hervorzuheben sei hierbei die enge Zusammenarbeit und die Förderung im Rahmen des Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu Perowskit-Halbleitern.
Kai Brinkmann erläutert: „Dazu muss man sich daran erinnern, dass Sonnenlicht aus verschiedenen Spektralanteilen, sprich Farben, besteht. Man kennt das unter anderem vom Regenbogen, bei dem das weiße Sonnenlicht in seine Spektralanteile zerlegt wird – vom energiearmen roten bis zum energiereichen violetten Anteil.“ Eine grundlegende Limitierung von Solarzellen sei es nun, dass entweder nur ein geringer Spektralanteil des Sonnenlichtes absorbiert wird oder aber ein großer Anteil der absorbierten Lichtenergie in Wärme und nicht in elektrische Energie umgewandelt wird.
Tandemzellen, in denen z. B. zwei unterschiedliche Solarzellen in Reihe betrieben werden, bieten einen Ausweg aus diesem Dilemma. „Der Schlüssel zum Erfolg liegt im sogenannten Interconnect, der beide Solarzellen elektrisch und optisch miteinander verbindet. Dabei gilt: Je dünner der Interconnect, desto besser“, erklärt Tim Becker, ebenfalls Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Riedl und spezialisiert auf derartige Interconnects. „Um Verluste so gering wie möglich zu halten, nutzen wir zur Kopplung eine ultra-dünne Schicht aus Indiumoxid, die mit nur 1,5 Nanometern so dünn ist, dass man jedem einzelnen Atom darin schon beinahe einen eigenen Vornamen geben könnte“, so Becker. Möglich wird das durch die sogenannte Atomlagenabscheidung, eine Beschichtungstechnologie, die am Lehrstuhl für Elektronische Bauelemente schon seit Jahren erforscht und weiterentwickelt wird.
Simulationen der Wuppertaler Arbeitsgruppe zeigen, dass durch ihr Konzept Tandemzellen mit einem Wirkungsgrad jenseits der 30 Prozent durchaus erreichbar sind – Wirkungsgrade, die man ansonsten bislang nur bei Solarzellen findet, die in der Weltraumforschung zum Einsatz kommen, beispielsweise bei der Mars-Drohne ‚Ingenuity‘. Prof. Riedl: „Für Space-Anwendungen stehen Effizienz und geringes Gewicht an erster Stelle – Kosten spielen nur eine untergeordnete Rolle. Unsere Arbeit trägt dazu bei, dass Solarzellen in Zukunft mit ähnlich hohen Wirkungsgraden, jedoch zu einem Bruchteil der Kosten, auch für Anwendungen auf der Erde verfügbar werden.“
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